Brustkrebsnachsorge alternativ Wölfe im weißen Kittel |
Journal/Book: Münch. med. Wschr. 141 (1999) Nr. 5 S.17-18. 1999;
Abstract: Wie die sanfte Medizin Hohnemanns und Highest-Tech-Medizin eine profitable Ehe eingehen können zeigt folgender Fall aus einer deutschen Großstadt. Eine 62jährige Frau (privat versichert) unterzog sich wegen eines mäßig differenzierten Mammakarzinoms einer brusterhaltenden Operation mit Lympadenektomie. Postoperativ ergab sich ein Tumorstadium pt 1c G2 pTis N 0 ER+ Gr+. Im Anschluß an die Operation wurde eine Nachbestrahlung durchgeführt und eine Dauertherapie mit Tamoxifen eingeleitet. Zwei Jahre nach der Operation suchte die Patientin einen Gynäkologen und Homöopathen in Personalunion auf der zwar nach dem klinischen Befund keinen Anhalt für eine Metastasierung fand wohl aber diffuse Schmerzzustände im Muskel-Knochenbereich eine allgemeine Adynamie und eine Infektlabilität konstatierte. In dem Bestreben eine Frühmetastasierung rechtzeitig zu erfassen schickte der Arzt eine Blutprobe an ein ca. 600 km entferntes Laboratorium das die in der Tabelle dargestellten Untersuchungen durchführte. Bei diesen Untersuchungen fanden sich "epitheliale disseminierte Zellen" mit einer "Sensitivität gegenüber einer Antihormontherapie". Der Arzt veranlaßte daraufhin ein Ganzkörper-PET das "trotz des Zellnachweises im Blut" keine Mikrometastasierung" nachweisen konnte. Die Behandlung mit Tamoxifen wurde fortgesetzt und die Patientin erhielt obige Rechnung (ohne). Kommentar: Unter Federführung einiger führender Onkologen der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München erschien Mitte 1998 eine Monographie: "Diagnostik und Therapie des Mammakarzinoms: State of the Art". Darin werden die Empfehlungen einer Konsensus-Tagung wiedergegeben die 1995 in Berlin stattfand. Im Gegensatz zu früheren Ansichten wird darin klar konstatiert daß bei symptomfreien Patientinnen (abgesehen von der Mammographie) auf jegliche routinemäßige apparative Untersuchungen einschließlich der Laboruntersuchungen und der Bestimmung der Tumormarker verzichtet wird. Als primäre ärztliche Leistung wird eine regelmäßige Anamnese und eine körperliche Untersuchung empfohlen. Weiterhin stellte man fest daß eine sinnvolle Tumornachsorge folgende Bedingungen erfüllen muß: ? Es muß für eine erneute Tumormanifestation einen erneuten kurativen und mindestens deutlich lebensverlängernden Ansatz geben; ? Die erneute Tumormanifestation muß eine bessere Prognose haben wenn sie früher diagnostiziert wird; ? Es muß einen Test geben der spezifisch sensitiv preiswert für den Patienten erträglich die erneute Tumormanifestation im asymptomatischen Stadium erfaßt. Fazit. Wer gegen diese Prinzipien noch dazu mit einem derartigen Kostenaufwand verstößt handelt nicht nur unsolidarisch sondern auch noch unethisch. Er verletzt das ärztliche Urprinzip des primum non nocere. Dabei soll hier gar nicht die Frage diskutiert werden inwieweit es mit molekularbiologischen Methoden gelingt einzelne zirkulierende Tumorzellen zuverlässig aufzuspüren. Was nützt die Erkenntnis über ein hohes Risiko für eine spätere symptomatische Manifestation von Fernmetastasen wenn man während der klinisch stummen Latenzphase ("lead time") nichts gezielt und beweisbar effektiv dagegen tun kann? Man verlängert allenfalls die psychische Leidenszeit der Patientinnen und macht den Faden des ohnehin vorhandenen Damoklesschwerts noch ein bißchen dünner. Über die kongeniale Kooperation zwischen einem Homöopathen und einem molekularbiologischen Labor zum sicher beiderseitigen Nutzen möge sich jeder seine eigenen Gedanken machen. ___MH
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