Die Arzt-Patient-Beziehung Plazebo oder Heilfaktor ersten Ranges |
Journal/Book: Ärztezeitschr. f. Naturheilverfahren 40 5 (1999) S. 294-298. 1999;
Abstract: Dr. Udo Boessmann Wiesbaden Am Anfang einer jeden Behandlung steht das persönliche Gespräch zwischen Arzt und Patient. Die ganz persönlich-menschliche Beziehung die dabei aufgebaut wird ist aber mehr als nur ein Plazebo-Effekt. Gewisse atmosphärische Besonderheiten und unspezifische Persönlichkeitsvariablen können maßgeblich an der Effizienz und dem Erfolg der Therapie beteiligt sein. In dieser Betrachtung wird ein Leitfaden für eine therapeutisch wirksame Gestaltung der Arzt-Patienten-Beziehung vorgestellt. Die medizinische Forschung treibt einen gewaltigen methodischen Aufwand um exakte vergleichbare und reproduzierbare Daten zu gewinnen. Eines der wichtigsten Instrumente klinischer Studien ist die doppelblinde Plazebokontrolle. Die so erreichte Elimination von Wirkfaktoren die aus der Interaktion zwischen Patient und Behandler erwachsen ist heute wissenschaftlicher Standard um wirksame von unwirksamen Medikamenten und Heilverfahren zu unterscheiden. Die Plazeboforschung konzentriert sich überwiegend darauf die Plazeboeffekte und ihre Bedingungen als - die Suche nach der "wahren" biologischen Wirksamkeit des Medikaments - störendes Artefakt zu identifizieren. Nun überrascht es immer wieder in welchem Ausmaß Plazebowirkungen eine Rolle spielen. Scheinoperationen hatten eine Erfolgsrate von 60 bis zu 100 %. Die Responderrate auf Plazebo beträgt bei Kopfschmerzen mehr als 60 % bei Magen-Darm-Störungen 58 %. Bei der major depression variiert die Besserungsrate bei den Patienten die ein Plazebo erhalten zwischen 30 und 60 %. Die Plazebowirkungen sind keineswegs nur subjektiv. Unter Plazebo verändern sich meßbar die Narbenbildung bei Wunden die Herzfrequenz der Blutdruck die Magensekretion die Serumlipide und -hormone. In vielen Studien beeindruckt weniger die Signifikanz mit der sich das untersuchte Verum vom Plazebo abhebt als das Ausmaß des Plazeboeffekts. Angesichts der Ubiquität des Plazebophänomens im medizinischen Alltag ist es erstaunlich wie wenig sich die medizinische Wissenschaft ihm bislang mit der Absicht gewidmet hat seine Natur zu ergründen und zwar nicht nur um es als Störfaktor zu eliminieren sondern um sein therapeutisches Potential zu erkennen und es systematisch zu nutzen. Der Plazeboforschung verdanken wir eine Reihe von experimentellen Untersuchungen. So wissen wir heute sicher daß der Effekt von den objektiven Eigenschaften des Plazebos der Darreichungsform (eine i.v.-Injektion ist wirksamer als eine i.m.-Injektion) der Tablettenform und der Farbe (gefärbte Kapseln sind wirksamer als weiße) abhängig ist. ... wt
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