Notstand für Schmerzpatienten Analgetika: viele Präparate aber nur vier Wirkprinzipien. |
Journal/Book: Münch. med. Wschr. 140 (1998) Nr. 10 S. 22-23. 1998;
Abstract: Prof. Dr. med. A. Ziegler Institut für Pharmakologie der Universität Kiel. Nach der pharmakologischen Definition sind Analgetika Substanzen die die Schmerzempfindung selektiv unterdrücken d.h. andere Empfindungen (Kälte Berührung Druck Geschmack Geruch usw.) sollen nicht beeinträchtigt werden. Die Tatsache daß in den Arzneimittelverzeichnissen Schmerzmittel eines der umfangreichsten Kapitel bilden (z.B. in der Roten Liste Analgetika-Antirheumatika mit fast 700 Eintragungen - beinahe doppelt so viele wie in der Gruppe der Antibiotika/Chemotherapeutika!) bedeutet nicht daß der Therapeut besonders viele Optionen hätte da es sich bei den angebotenen Analgetika um Varianten von nur 4 Wirkprinzipien handelt. Überzeugende Entwicklung der Migränetherapie. Eine andere Besonderheit der Schmerzmittel ist daß in den zurückliegenden Dezennien in denen andere Wirkstoffgruppen sich geradezu explosionsartig entwickelt haben keine neuen Analgetika mehr hinzugewonnen werden konnten. Ein entscheidender Grund für diesen Stillstand ergibt sich aus der "Definition" von Schmerz: Mit dieser Vokabel wird eine so ungeheure Vielfalt von Empfindungen umschrieben daß das für die Arzneistofforschung notwendige Ziel nicht genügend definiert werden kann. Erst auf der Grundlage ein Differenzierung und einheitlichen Klassifikation von Schmerzen könnten die für eine gezielte Arzneistoffentwicklung notwendige exakte Zielvorgabe und die für die Prüfung erforderlichen Patientenkollektive definiert werden. Beweis für diese These ist die Entwicklung von Sumatriptan zur Behandlung des Migräneanfalls die nur möglich wurde nachdem man sich darüber geeinigt hatte welcher Symptomenkomplex vorliegen muß um die Schmerzen eines Patienten als Migräne zu diagnostizieren es also möglich war ein homogenes Patientenkollektiv zu definieren. Anwendungsdefizite beseitigen. Eine zweite Front von Aktivitäten sollte darauf ausgerichtet sein die Defizite bei der Anwendung der verfügbaren Analgetika zu beseitigen. Die mangelhafte Ausbildung über die unterschiedlichen Formen von Schmerz die lückenhafte und häufig nicht pharmakologischen Gesichtspunkten folgende Information zu Arzneistoffen und die schließlich völlig im argen liegende Unterrichtung über eine Differentialtherapie führen dazu daß die wenigen Mittel welche die Pharmakologie zu bieten hat häufig nicht sachgerecht verordnet werden d.h. ihr Potential nicht voll ausgeschöpft wird oder ihre Anwendung wird nicht genügend kontrolliert - und kann sich so sogar als kontraproduktiv erweisen. ___MH
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