Fundierter behandeln! |
Journal/Book: Münch. med. Wschr. 140 (1998) Nr. 16 S. 31-32. 1998;
Abstract: Prof. em. Dr. N. H. Rietbrock Lemgo. Ein im New England Journal of Medicine vom 18. Dezember 1997 unter der Rubrik "Sounding board" erschienener Aufsatz [1] über die medizinischen Hilfslieferungen nach Bosnien und Herzegowina läßt eine völlig aus dem Ruder geratene Massenproduktion und Massenverschreibung von Medikamenten in den westlichen Industriestaaten erahnen. Von insgesamt 27 800 bis 34 800 Tonnen aus Privathaushalten Kliniken und anderen Einrichtungen gesammelten Arzneimitteln waren 13 900 bis 20 900 Tonnen nutzlos oder unbrauchbar. Die Verantwortung derer die professionell und gesundheitspolitisch mit der Arzneimittelversorgung umgehen mahnt die Wirklichkeit und die Wirkungen zu bedenken. In Frankreich fallen jedes Jahr 22 500 Tonnen nicht benutzter Medikamente an - dieser "Medikamentenmüll" entspricht ungefähr 40% des Gesamt-Arzneimittelmarktes [5]. ZU viel Medikamenten-"Müll" Niemand in der Bevölkerung wird diese insbesondere durch die Werbung der Krankenversorgungsindustrie ausgelösten Mißstände gutheißen. Bei dem Ruf nach mehr Evidenzen verstanden als überwiegende Gewißheiten oder einleuchtende Erkenntnisse geht es heute darum fundierte Forschungsergebnisse u. a. auch der Arzneitherapie in die ärztliche Verschreibung zu integrieren. Diese Forderung klingt trivial ist aber trotz klinischer Kompetenz des behandelnden Arztes trotz ausgewogener Lehrinhalte in der Aus- und Weiterbildung trotz Medline Online-Systemen und leistungsfähiger Literaturrecherchen in Bibliotheken offensichtlich nicht einfach durchsetzbar. Es gibt nach wie vor Arzneimittel aus der Chemieproduktion und aus dem Pflanzenreich die für die Therapie als umstritten klassifiziert und von den politischen Instanzen offensichtlich als gewollt hingenommen werden. Dieses Faktum bleibt auch nach dem gerichtlichen Auslieferungsstop des "Arzneiverordnungs-Report 1997" bestehen. Der Arzneiverordnungs-Report 97 ist inzwischen als "Verfügungsbeklagte Ausgabe ohne Aufstellung umstrittener Arzneimittel" erschienen. Wem auch immer ein solches Urteil nutzen mag das Dilemma für den Patienten nicht lege artis mit solchen Medikamenten behandelt zu werden ist nicht gering einzuschätzen. Zu wenig genutzte Evidenzen Nach tradiertem Muster umstrittene Therapien zu kritisieren lenkt aber von den Evidenzen ab die als gesichert publiziert worden sind. Ein solches aufgeführtes Fehlverhalten in der Therapie der chronischen Herzinsuffizienz soll zeigen daß Evidenzen aus Endpunkt-ausgerichteten kontrolliert-randomisierten Studien in Deutschland in der ärztlichen Praxis ungenügend genutzt werden. ... ___MH
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