Notfälle bei Kindern Kindesmißhandlung Folge 3 |
Journal/Book: Münch. med. Wschr. 140 (1998) Nr. 13 S. 43-44. 1998;
Abstract: Wer im Notdiensteinsatz ein Kind ärztlich zu versorgen hat muß nicht allein mit den anatomischen und physiologischen Besonderheiten eines unter Umständen sehr kleinen Patienten rechnen. Es gilt auch die mögliche Ursache von nicht selten dramatischen Symptomen rasch zu erkennen und dann konsequent die notwendigen Erstmaßnahmen durchzuführen. Einige solcher Situationen wurden in dieser Seminarserie vorgestellt. Die 3. und letzte Folge will für eine Problematik mit hoher Dunkelziffer sensibilisieren - nicht zuletzt kann man mit ihr auch im ganz "normalen" Praxisalltag konfrontiert werden. Unter Kindesmißhandlung versteht man eine nicht zufällige bewußte oder unbewußte gewaltsame (psychische oder physische) Schädigung die zu Verletzungen Entwicklungshemmungen oder sogar zum Tode führt bzw. das Wohl und die Rechte eines Kindes beeinträchtigt oder bedroht. (Synonyme: Battered-child-syndrom Non-accidental injury). Da sich Kindesmißhandlung in der familiären Intimsphäre abspielt sich selten Zeugen finden die die Schwierigkeiten mit Behörden oder der betreffenden Familie nicht fürchten und wohl auch Ärzte zu geringen Argwohn gegen die Schutzbehauptungen der Eltern entwickeln ist die Dunkelziffer bei Kindesmißhandlung sehr hoch (10- bis 20fach höher als die Zahl registrierter Fälle). Vorsichtige Schätzungen sprechen von Mißhandlungen bei mindestens 1% aller Kinder die Zahl sexuell mißbrauchter Kinder liegt wahrscheinlich zwischen 5 und 10%. Körperliche und seelische Mißhandlung und sexueller Mißbrauch von Kindern finden sich in allen sozialen Schichten körperliche und psychosoziale Vernachlässigung häufiger in sozio-ökonomisch benachteiligtem Milieu. Die Verschärfung der sozialen Spannungen insbesondere bei weiter steigenden Arbeitslosenzahlen werden wohl zu einer Zuspitzung des Problems der Kindesmißhandlung beitragen. Wann sind Kinder in Gefahr? Mögliche begünstigende Faktoren für Kindesmißhandlung: - Soziale Belastung der Familie durch finanzielle Not beengte Wohnungsverhältnisse Kinderreichtum Arbeitslosigkeit Alkoholabusus Ehestreitigkeiten Krankheiten etc. - Psychische Störungen der Eltern - Prädisponierende Stigmata seitens der Kinder z.B. durch unerwünschte Geburt chronische Erkrankungen oder Entwicklungs- bzw. Verhaltensstörungen Welche Indizien muß man beachten? Allgemeine Verdachtsmomente - Langes Intervall zwischen Verletzungszeitpunkt und Behandlungsbeginn - Häufiger Wechsel des behandelnden Arztes Vorstellung in mehreren Krankenhäusern - Diskrepanz zwischen klinischem Befund und angeblichem Verletzungsmechanismus - Widersprüchliche Angaben zum Unfallmechanismus - Verletzungen in unterschiedlichen Heilungsstadien Verdachtsmomente für körperliche und psychosoziale Vernachläss