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December 2024

Nicht nach dem "Gießkannen-Prinzip". H. Kellner zur Labordiagnostik in der Rheumatologie

Journal/Book: Münch. med. Wschr. 140 (1998) Nr. 3 S. 25-26. 1998;

Abstract: Priv.-Doz. Dr. med. H. Kellner Rheumaeinheit der Ludwig-Maximilians-Universität Medizinische Poliklinik Klinikum Innenstadt München. Die rationelle Diagnostik rheumatologischer Krankheitsbilder erfordert ein breites Maß an klinischem Wissen und Erfahrung. Aufgrund von Anamnese und klinischem Untersuchungsbefund sollte in der Regel zumindest die Formulierung einer Arbeitsdiagnose möglich sein. Die rheumatologische Diagnose basiert auf einer Vielzahl einzelner Bausteine von denen die Labordiagnostik einige liefern kann. Vielfach wird aufgrund fehlender klinischer Erfahrung in der rheumatologischen Labordiagnostik eine Überdiagnostik ("diagnostic overkill") veranlaßt deren Ergebnisse häufiger zur Verwirrung als zur Klarheit führen. Besonders in den Frühstadien entzündlich-rheumatischer Erkrankungen neigt der Untersucher aufgrund oft noch fehlender anderer (pathognomonischer) Befunde zu einer umfangreichen Labordiagnostik häufig nach dem "Gießkannen-Prinzip". Eine solche undifferenzierte Labordiagnostik sollte jedoch im Hinblick auf die dadurch verursachten Kosten und die daraus oft resultierenden überflüssigen Folgeuntersuchungen in jedem Fall vermieden werden. Um die Wertigkeit der Labordiagnostik bei rheumatischen Erkrankungen richtig einschätzen zu können muß sich der Untersucher zunächst vergegenwärtigen daß Laborbefunde in den meisten Fällen allenfalls Indizien aber keine Beweise für eine rheumatologische Diagnose darstellen. Für eine Vielzahl von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen z. B. die Arthritis psoriatica die Polymyalgia rheumatica u. a. sowie für die zahlenmäßig große Gruppe von degenerativen Gelenkerkrankungen ("Arthrosen") sind bislang keine differentialdiagnostisch verwertbaren krankheitsspezifischen Marker bekannt. Ergeben sich aufgrund von Anamnese und klinischem Untersuchungsbefund keine für eine bestimmte Differentialdiagnose wegweisenden Befunde so können häufig aufgrund des Gelenkbefallmusters die in Frage kommenden Differentialdiagnosen und damit die dafür notwendigen Laboruntersuchungen eingeengt werden. Die Labordiagnostik kann nicht die sorgfältige klinische Arbeit am Patienten ersetzen. Bei einer Polyarthritis sollte gezielt nach einer chronischen Polyarthritis (cP) gesucht werden. Der Nachweis eines positiven Rheumafaktors stellt hierbei einen hinreichenden Verdacht jedoch keinen Beweis für das Vorliegen dieser Diagnose dar. Mit zunehmendem Lebensalter finden sich positive Rheumafaktoren bei einer Vielzahl von Individuen ohne Gelenksyndrome bzw. entzündlich-rheumatische Erkrankungen. Nicht selten läßt sich ein positiver Rheumafaktor (RF) auch bei Patienten mit anderweitigen rheumatischen Krankheiten z. B. beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) als Begleitphänomen nachweisen. Andererseits ist bei einem nicht unerheblichen Prozentsatz von Patienten mit der späteren Diagnose einer cP in der Initialphase der RF nicht nachweisbar. Um die klinisch häufig ebenfalls als (akute) Polyarthritis imponierenden parainfektiösen (viralen) Arthritiden labormäßig zu erfassen genügt es in der Regel die Virusserologie auf Röteln Ringelröteln (Parvoviren) und bei entsprechendem Verdacht Virushepatitiden zu beschränken. ... ___MH


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