Easy does it statt Hit hard and early" Langzeiteffektivität vs. Dogma in der HIV-Therapie |
Journal/Book: Münch. med. Wschr. 140 (1998) Nr. 49 S. 38/672-673/39. 1998;
Abstract: Dr. med. H. Jäger KIS - Kuratorium für Immunschwäche München. Mit den derzeit zur Verfügung stehenden sehr wirkungsvollen Medikamenten zur Viruslast-Senkung läßt sich HIV nicht eradizieren wohl aber in Schach halten. Das verbesserte wissenschaftliche Verständnis der Virusreplikation die Möglichkeit der Virus-Load-Quantifizierung im Plasma und der überlegte Einsatz von Kombinationstherapien haben Morbidität und Mortalität drastisch reduziert. Unerwartet große klinische Verbesserungen waren für die Mehrzahl der Patienten möglich. Zwar ist Heilung in diskutierbare Nähe gerückt aber zunächst gilt es den bisherigen klinischen Fortschritt soweit dies möglich ist zu sichern. Früh und intensiv zu behandeln wäre unter zwei Gesichtspunkten sinnvoll: einerseits der Möglichkeit der Eradikation oder andererseits der Möglichkeit einer weniger intensiven anschließenden Maintenance-Therapie. Beide Optionen sind aufgrund der vorliegenden Daten unrealistisch. Hit hard and early ist deshalb für die mittel- bis langfristige Strategie - 10- bis 20jährige Therapiehorizonte sind zu erwarten - derzeit kontraproduktiv. Weniger ist mehr. Dies widerspricht der noch vorherrschenden Lehrmeinung die allerdings droht zu einem wenig hilfreichen Dogma zu werden. Was spricht gegen die derzeitige Lehrmeinung? 1. Ein späterer Therapiebeginn erscheint bei begrenztem medikamentösem Armentarium möglich und sinnvoll. Es gibt keinen wissenschaftlich nachgewiesenen "Point of no return". Auch eine desolate Lymphknoten-Architektur kann sich durch konsequente langfristige antiretrovirale Therapie verbessern. Wenn Heilung nicht möglich ist macht es wenig Sinn in einer asymptomatischen Phase später wichtige Medikamente zu verbrauchen. Wegen der Gefahr opportunistischer Infektionen sollte allerdings der Therapiebeginn nicht unter die Grenze von 300 CD4-Zellen/µI verschoben werden. 2. Resistenzen sind grundsätzlich nicht zu vermeiden. Es ist eher ein kreativer Umgang mit ihnen gefragt als die zum Teil noch vorherrschende Damoklesschwert-Theorie. Resistente Viren richten so einige Forschungsberichte da sie "less fit" sein können klinisch direkt wohl weniger Schaden an als zunächst vermutet. Wenngleich auch weiterhin das Hinauszögern von Resistenzen - z.B. durch späten Behandlungsbeginn - wichtig bleibt dürften heroische Therapie-Regime mit Anfangsdosierungen von vier bis acht Medikamenten auf wenige Forschungsprojekte begrenzt bleiben. 3. Ein später Therapiebeginn effektive Ausnahme wenngleich bisher auch dazu eher Theorien als Langzeitergebnisse vorliegen könnte die akute HIV-Infektion sein - reduziert natürlich auch die Toxizität. Zwei Jahre Nicht-Behandlung unter vierteljährlicher aktiver Laborkontrolle erspart logischerweise zwei Jahre Toxizität. ... ___MH
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