Nichts ist ohne Grund. Musiktherapie bei funktionellen Störungen

Author(s): TÜPKER, Rosemarie, TÜPKER, Rosemarie

Journal/Book: Konzeptentwicklung musiktherapeutischer Praxis und Forschung. 1996; 1: Münster. LIT VERLAG. 8-37.

Abstract: PatientInnen mit funktionellen Störungen sind in ihrer häufig sehr langen Leidensgeschichte immer wieder mit dem Satz "Da ist nichts!" konfrontiert. Über viele Jahre erleben die PatientInnen so die Nichtbestätigung der eigenen Wahrnehmung, was gravierende Folgen haben kann. In der Musiktherapie geht es daher um die Wiederherstellung eines Sinnzusammenhangs zwischen der eigenen Wahrnehmung und der Wirklichkeit. Anhand zweier Fallbeispiele wird beschrieben, wie es in musiktherapeutischen Zusammenhängen zunächst so scheint, als wolle das Seelische den 'Beweis' erbringen, daß hier 'nichts' sei. Die Reduktion und Kargheit seelischer Formenbildung zeigt sich sowohl in Gesprächen als auch im musikalischen Spiel. In der musikalischen Improvisation sind jedoch Wiederholung und Redundanz möglich, ohne daß die Musik so als Musik zerstört oder sinnlos würde. Dadurch ist dem Seelischen die Zerdehnung des 'Wenigen' möglich, ohne daß Ausdrucksbildung und Kommunikation abreißen. Im Wissen um bzw. im Vertrauen auf die Ausbreitungstendenz des Seelischen, kann sich die Suchbewegung der Therapeutin schließlich mit den Suchbewegungen der PatientInnen nach Sinnzusammenhängen verbinden. So entsteht in den PatientInnen langsam die Hoffnung, daß Zusammenhänge doch auffindbar sind und Sinn etwas (selbst) Herstellbares ist. Auf diese Weise wird aus der Leere wieder so etwas wie ein 'offener seelischer Raum', in dem Empfinden entstehen, sich ausbreiten und in seiner Vielfalt differenzieren kann.

Keyword(s): Morphologic music therapy, psychosomatic adult patients, two case studies, assessment and treatment design

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