Perspektiven für eine ganzheitliche Kur

Journal/Book: Heilbad & Kurort 43 (1991) 6 S.141-144. 1991;

Abstract: Professor Dr. Dr. Heinrich Schipperges Em. Direktor des Instituts für Geschichte der Medizin der Universität Heidelberg Lassen Sie mich als Historiker beginnen mit einem kleinen Ausflug in die allerjüngste Geschichte einem Exkurs der uns schlagartig die eigene Situation erhellen und auch Perspektiven aufzeigen könnte für die Kur von morgen! Im Jahre 1894 verfaßten Ernst Schweninger der berühmte Leibarzt Bismarcks und Georg Groddeck dieser so eigenwillige Psychoanalytiker einen Grundsatzartikel über "Cur und Curen". Die Kur wird hier noch im klassischen Sinne von "cura" gedeutet als "Sorge" als die "Fürsorge für einen Menschen" als seine "Wartung und Pflege". Die Kur hat hier ganz im Sinne der alten Heilkunde noch ihre ganzheitliche Bedeutung. Aber gerade diese eine Kur hat man uns so heißt es weiter wie Glas zerschlagen und jeden Splitter als ein Ganzes hingestellt . Und so spreche man denn heute von einer vorbeugenden und einer heilenden Kur von Spezialkuren und von Nachkuren. Da erscheinen die Hungerkuren und die Durstkuren die Diabeteskur und die Karzinomkur die Semmelkuren und die Terrainkuren die Molkenkuren (die süßen wie die sauren) und die Obstkuren. Eine besondere Klasse stellen die physikalischen Kuren dar unter denen natürlich die Wasserkur eine besondere Rolle spielte. Begleitet sind diese natürlichen Heilweisen von Massagekuren und pneumatischen Kuren von Inhalationen und Atemkuren darunter auch eine "Gähnkur" die sich zur Zeit (1894) "einer besonderen Beliebtheit erfreut". Hinzu kommen dann noch die eigentlichen Brunnenkuren die Kräuterkuren die Blutreinigungskuren die Entziehungskuren usw. usf. Alle diese Kuren - so schließen die Verfasser lakonisch - sie tragen alle "den Stempel der Schablone" an sich. Dies kommt uns - so heißt es - sofort zu Bewußtsein wenn wir begreifen daß wir nicht Krankheiten behandeln sondern leidende Menschen. . . .

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