Das miserable Foto - der beste Weg zum schlechten Prospekt |
Journal/Book: H u K 32 4/80 S. 74-76. 1980;
Abstract: Hans E. Pettenkofer Hamburg * * Der Autor dieses bewußt polemischen Artikels arbeitet als Werbeberater im Fremdenverkehr mit den Schwerpunkten Konzeption und Text. Er erhielt einen ersten zwei zweite Preise auf der ITB für "beste Anzeigenkampagnen im deutschen Fremdenverkehr". Von ihm stammen Begriffe wie "Südliche Nordsee" und "Ostfriesenabitur". Viele Versuche zu guten Prospektfotos zu kommen legen den Vergleich mit Unzüchtigem nahe: Man erwartet ortsbekannte Leistungen Extras eingeschlossen für 20 DM von der Dame um die Ecke. Oder man mietet das berühmte Top-Modell für teures Geld und erwartet Wunder die dann doch ausbleiben. Und im Zweifelsfall greift man auf die alte Vertraute zurück; die hat man seit langen Jahren im Archiv ein wenig blaustichig aber ganz und gar kostenlos. Woran liegt es daß Prospekte im Fremdenverkehr fotografisch meist so miserabel sind? - Sicher nicht nur an den Fotografen . . . Sehr geehrter Herr! - Der Fremdenverkehrausschuß von xxx hat beschlossen, einen neuen Werbeprospekt herauszugeben. Sie sind hiermit aufgefordert, uns innerhalb von vier Wochen einen kostenlosen Vorschlag zu unterbreiten. Die Entscheidung über die Vergabe wird Ihnen anschließend bekanntgegeben werden. Im Auftrage: (unleserlich)PS: In der Anlage ist unser bisheriger Prospekt beigefügt, damit Sie das zur Verfügung stehende Foto-Material kennenlernen. Damit sind wir mitten im Thema. Solche Briefe sind zwar selten geworden - aber es gibt sie noch. Und vor allem vielerorts herrscht noch die alte Mentalität: Knipsen kann jeder. Und wozu haben wir schon vor zehn Jahren 20 DM für Dias bezahlt teuer genug wenn wir sie jetzt angeblich nicht mehr verwenden sollen? Man vergißt ganz einfach daß die gute Fotografie eine wesentliche Voraussetzung für den Markterfolg eines Prospektes ist. Und der Markt hat sich entscheidend gewandelt. In den letzten zehn Jahren sind vielleicht aufwendige Kredite zur Verbesserung des Bettenangebots am Ort vergeben möglicherweise Millionen für das neue Kurmittelhaus für ein Hallenbad ausgegeben worden. Jetzt steckt man zigtausend Mark in den neuen Prospekt der das neue Angebot verkaufen soll und verhunzt ihn mit Archivfotos anno ' 65. . . Bitte verzeihen Sie die herbe Kritik. Sie stammt ebenso aus der Praxis wie die Enttäuschung des Kurdirektors der es besonders gut machen wollte: Er leistete sich einen "richtigen" Fotografen. Der kam dann zu einem Tagessatz von vielleicht 2500 Mark plus Spesen sagte "lassen Sie mich mal machen" wohnte mit drei oder vier knackigen Modellen im besten Hause am Ort und wartete auf schönes Wetter. Hinterher hatte unser Kurdirektor einen "künstlerischen" Prospekt. Mit Sicherheit einen teuren. Und vor allem ein Werbemittel das neuartige Gästegruppen brachte junge gutbetuchte Männer mit Porsche zum Beispiel die nach den "vielen hübschen Mädchen" im traditionsreichen Heilbad suchten. Das sind nur zwei Beispiele aus den vielfältigen Möglichkeiten das Thema Prospektfotografie falsch anzupacken. Am Ende steht meist der Prospekt ohne Werbe-Effekt. ___MH
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