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May 2024

Stellung und Aufgaben des Kur- und Bäderwesens in der medizinischen Betreuung

Journal/Book: Z. ärztl. Fortbild. 68. (1974) 8 S.393-396. 1974;

Abstract: Forschungsinstitut für Balneologie und Kurortwissenschaft Bad Elster (Direktor: Prof. Dr. med. habil. H. Jordan) Zusammenfassung Das Kur- und Bäderwesen gehört als vollintegrativer Teil in die sozialistische Medizin. Die Position der Kurorte bzw. der Kurorttherapie wird bestimmt. Die spezifischen Aufgaben der Kurorttherapie liegen in der Durchführung profilgerechter und stadiengerechter Heilkuren. Das Studium der Interaktion medikamentöser und physiotherapeutischer Behandlung wird als vordringliches Forschungsproblem ausgewiesen. Die Formulierung meines Themas beinhaltet eine analytische und eine prognostische Betrachtung - und es ist sogleich dazu festzustellen daß eine derartige Untersuchung zu keinem befriedigenden Ergebnis des derzeitigen Standes wohl aber zur Forderung ganz bestimmter Entwicklungsnotwendigkeiten führen wird. Ausgangspunkt ist das Konzept einer sozialistischen Medizin einerseits und der Gestalt- und Panoramawandel der Krankheiten andererseits - beides keine unveränderlichen sondern stetig sich ändernde Parameter die also gesteuert werden müssen und die gesteuert werden können. Fordert das Konzept einer sozialistischen Medizin daß das Kur- und Bäderwesen ein voll integrierter Bestandteil des Gesundheitsschutzes und der gesundheitlichen Betreuung zu sein hat so verlangt der Panorama- und Gestaltwandel der Krankheitsprozesse eine bestimmte Modifikation eben dieses Kur- und Bäderwesens um nicht nur prinzipiell sondern auch temporär möglichst optimale Erfolge zu erzielen. Selbstredend gilt eine derartige Forderung für die gesamte Therapeutik und nicht nur für die Kurort- oder Physiotherapie; aber die Tatsache daß Kurorte relativ investintensive und auch kapazitativ anspruchsvolle Einrichtungen des Gesundheitswesens sind und auch bleiben werden verlangt eine besonders umsichtige und gründliche Durchdenkung der gegebenen Sachverhalte. Zunächst muß die Position des Kurortes bzw. der Kurorttherapie genauer zu bestimmen versucht werden. Die Tatsache daß die Kurorttherapie im Prinzip sowohl sehr spezielle besonders aber auch in sehr breiter Form unspezifische Behandlungserfolge zu zeitigen vermag hat dazu geführt daß in der Organisationsform des Kur- und Bäderwesens noch immer nicht die klare Trennung erfolgt ist zwischen dem was ärztlich in das große Gebiet der Prophylaxe und was dem Bereich der Therapie zugehört so daß teilweise der Kurortbehandlung Aufgaben heute noch zufallen müssen die eigentlich auf einem anderen Sektor der medizinischen Betreuung geleistet werden sollten. Um es klar zu sagen: ein gut funktionierendes System der Prophylaxie und ein gut funktionierendes System der rehabilitativen Nachbehandlung insbesondere mit den Möglichkeiten der Physiotherapie würden es uns ermöglichen die Kurorttherapie speziell im Sinne der Heilkuren profilierter zu handhaben. Da dies derzeit bei uns nicht im wünschenswerten Umfange der Fall ist obwohl z. B. in der Sowjetunion hierzu sehr beachtenswerte Beispiele vorhanden sind teilt sich das Aufgabengebiet unserer Kurorte derzeit noch in drei Abschnitte: einmal die spezifische therapeutische Leistung zum zweiten die gleichzeitig nutzbare unspezifische Stimulation die im Sinne einer sekundären Prävention das therapeutische Ziel unterstützt und auf jeden Fall dessen Resultat verbessert und zum dritten die Leistung der beginnenden medizinischen Rehabilitation in Verbindung mit dem Erlernen der sogenannten "Subsistenztherapie" und der Methoden zur gesunden Lebensführung. Über die spezifischen therapeutischen Potenzen der Kurorttherapie kann ich mich im Rahmen dieses Vortrages nicht verbreiten - dies würde bedeuten die wirkungsphysiologischen Details der kurorteigenen Heilmittel kritisch darzulegen: etwa die Effekte der Kohlensäure des Schwefels der Trinkwässer der Peloide des Klimas. Hingegen ist das was ich soeben als unspezifische Stimulierung bezeichnet habe (nebenbei: in völliger Erkenntnis der terminologischen Unsicherheiten dieser Formulierung) jene unspezifische Stimulierung also ist das Ergebnis einer für die Kurorttherapie ganz typischen Behandlungsweise die wir auf eine Kurzformel gebracht als "Reizserientherapie am Kranken im veränderten Milieu" bezeichnen wollen. Das Prinzip der Reizserie ist das In-Gang-Setzen eines im Sinne des Leistungstrainings verlaufenden adaptiven Prozesses im menschlichen Organismus dessen Charakteristik im Prinzip schon gut bekannt wenn auch in seinen physiologischen Abläufen im einzelnen noch nicht genügend abgeklärt ist. Derartige Reizserien können mit den verschiedensten Reizen erzielt werden; vorteilhaft sind dabei natürlich diejenigen die möglichst viele Koaktivkomplexe des Organismus betreffen und diese zu ihrer vollen physiologischen Aktivität veranlassen können. Eben darum eignen sich dazu Reize aus der Methodenschule der Physiotherapie viel besser als z. B. Reize aus dem pharmako- therapeutischen Arsenal. Man weiß nun heute daß Adaptation auch eine Ökonomisierung d. h. funktionelle Optimierung bedeutet und daß es neben der speziellen Adaptatbildung die Prozesse der cross-adaptiven Reaktion gibt denenzufolge Leistungssteigerungen auch auf Funktionsebenen des Organismus erzielt werden können die durch die Reizserie selbst nicht unmittelbar betroffen worden sind. Als Beispiele derartiger Angriffsweisen seien die Bewegungstherapie die thermischen Beeinflussungen unter ihnen besonders die Abkühlung bzw. die Kaltreizgewöhnung die aktinischen Faktoren der Klimatherapie oder auch die Trinkheilwässer genannt mit denen wie eigene Untersuchungen erweisen keinesfalls nur gastroenterale sondern auch unspezifische Stimulationen erreichbar sind. So treffen sozusagen ganz automatisch bei der Durchführung einer Kurorttherapie spezifische und unspezifische Effekte aufeinander die einerseits einander im Therapieregime durchaus zu stören bei guter ärztlicher Lenkung aber sich sehr förderlich zu ergänzen vermögen und die zur Ausbildung der sogenannten Kurreaktionen führen die wie hier nur ganz am Rande bemerkt werden soll fast durchweg als Folge der unspezifischen Stimulationen zustande kommen und in viel geringerem Maße reaktive Antworten der spezifischen Agenzien der Kurorttherapie darstellen. Da während eines Aufenthaltes in einem Kurort stets neben dieser Reizserientherapie auch die Reizqualitäten des Klimas des momentanen Wettergeschehens der rhythmologischen Zeitordnung und dazu noch psychische Alterationen relevant sind werden diese Kurreaktionen im Einzelfall nur schwer zu durchschauen sein so daß vorzugsweise kollektivstatistische Betrachtungsweisen herangezogen werden müssen um hier gewisse kollektivtypische Normalverhaltensweisen ausfindig und damit kontrollierbar zu machen. Wir haben aus unserem Arbeitskreis in Bad Elster seit vielen Jahren Beispiele und Arbeitsmethoden dazu geliefert. Im Sinne einer derartigen unspezifischen Stimulation befürworten wir besonders die ganzjährige Nutzung der Kurorte die vor allem aus bioklimatologischen Gründen sehr vorteilhafte Möglichkeiten zur Entfaltung einer wirksamen Reizserientherapie bietet. Gleichzeitig ist damit die Forderung nach einem Kurorttyp begründet den wir schlechtweg als "Ganzjahreskurort" bezeichnen. Eine ausgiebige Bewegungstherapie im Sinne des körperlichen Trainings ist ferner nur in einem Kurort möglich soweit man hierbei Formen des Dauertrainings - des Ausdauertrainings wenn man so will im Auge hat und die Vielzahl der Kranken bedenkt denen eine derartige Therapie ermöglicht werden soll. Natürlich können nicht alle Kranken die in einem Kurort weilen eine derartige Trainingstherapie in vollem Umfange betreiben; in graduierter Form ist eine solche jedoch durchweg zusätzlich zur speziellen Therapie im engeren Sinne durchführbar. Und da Bewegungsmangel und klimatische Verweichlichung zwei gegenwärtig vorrangig relevante Fakten der gesundheitlichen Beeinträchtigung - um mich vorsichtig auszudrücken - darstellen kommt diesen Zielsetzungen einer Kurorttherapie eine praktisch durchaus hoch zu veranschlagende Bedeutung im Sinne der sekundären Prävention zu die auf jeden Fall ein Plus an Effektivität der Kurorttherapie gegenüber anderen Behandlungsverfahren darstellen. Zum "Ganzjahreskurort gesellt sich also das Prinzip des "Trainingskurortes". Noch ein Wort zur bereits erwähnten Subsistenztherapie. Darunter wird alles das verstanden was dem Kranken in Form einer von ihn selbst durchführbaren Therapie zu Hause angelernt werden kann. Sie ist das Verbindungsglied zwischen einer ärztlich geleiteten Therapie und einer nur theoretischen gesundheitsfördernden gesundheitserzieherischen Empfehlung und bedeutet letztlich eine Aktivierung des Kranken im Gegensatz zu einem vorwiegend nur passiv hingenommenen Therapieerlebnisses sind dies z. B. Vorschriften im Sinne der sogenannten "Laienphysiotherapie" also etwa hydrotherapeutische Anwendungen aktive Körperübungen gesundheitsfördende Ernährungsvorschriften oder Trainings- bzw. Geschicklichkeitsübungen. Besonders im Hinblick darauf daß eine umfassende profilorientierte langfristige physiotherapeutische Dispensairebetreuung in unserem Gesundheitswesen im allgemeinen organisatorisch noch nicht bewältigt ist kommt derartigen substitutiven Anweisungen zur weiteren Förderung der Gesundheit eine große praktische Bedeutung zu. Die spezifischen Aufgaben der Kurorttherapie - die nach unserer Auffassung den organisatorischen Hauptanteil der Kurorttherapie ausmachen sollen - liegen in der Durchführung profilgerechter und stadiengerechter Heilkuren. Aus den Ergebnissen der EDV des Kur- und Bäderwesens der DDR -sie ist in der vorliegenden Form bisher noch als einmalig im internationalen Maßstab zu bewerten - geht hervor daß die Profilspezialisation unserer Kurorte erfreulich weit gediehen ist: 81 2% aller durchgeführten Heilkuren entsprachen im Jahre 1972 dem jeweiligen Indikationsprofil des Kurortes wovon fast genau 80% wiederum auf die Indikationen entfallen die sozialmedizinische Schwerpunkte darstellen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen Atemwegserkrankungen Erkrankungen des Bewegungsapparates und gastroenterologische Erkrankungen). Auch bewegt sich die Relation der Heilkuren zu den Gegebenheiten der sozialen Herkunft der Geschlechterdifferenz und der Bevölkerungsdichte in vernünftigen Größenordnungen. Wenn auch der Kurenbedarf noch nicht in allen Indikationsgruppen voll befriedigt werden kann - das dürfte derzeit in keinem der sozialistischen Länder nach unseren Ermittlungen der Fall sein - so ist dagegen die relative Auslastung der Kureinrichtungen maximal; d. h. es werden alle Anstrengungen gemacht durch eine rationelle Abwicklung der Kurdurchführung das objektive Kurenbedürfnis zu befriedigen ohne qualitative Abstriche am individuellen Therapieprozeß in Kauf nehmen zu müssen. Denn diese beiden Parameter: optimale Effektivität der Kurortbehandlungsdauer auf der einen und Kurenzahl auf der anderen Seite müssen gleichwertig in die Kalkulation der Kurenplanung eingehen wenn sowohl der epidemiologischen Krankheitssituation als auch dem ärztlich verantwortbaren Gütegrad der Kurorttherapie gebührend Rechnung getragen werden soll. Das Kardinalproblem ist hier die Phase der Kurortbehandlung in jeder Hinsicht optimal in den Gesamttherapieplan des jeweiligen Krankheitsfalles einzuordnen was nicht mehr und vor allem nicht weniger bedeutet als das Geschehen der Reizserientherapie im geschilderten Umfang in Übereinstimmung mit dem Krankheitsgesamtverlauf und der derzeit im Gang befindlichen Therapie zu bringen. Diesem Ziel - es ist durchaus noch nicht immer erreicht oder erreichbar - arbeiten alle Bestrebungen zu die Kurantragsstellung sowohl ärztlich als auch organisatorisch zu verbessern die Gesamtpersönlichkeit des Kranken und damit den Grad seiner Gesamtbelastung resp. Belastbarkeit besser einzuschätzen das Intervall zwischen optimalem und tatsächlich realisierbarem Kurzeitpunkt zu verkürzen die gegenseitige Kenntnis der kurörtlichen und nichtkurörtlichen Therapieverfahren zu vertiefen und die Profilierung der Kurorte so voranzutreiben daß die medizinische Kontinuität der gesamtärztlichen therapeutischen Leistung nicht unnötig leidet. Es ist deshalb z. B. erforderlich fachklinische Einrichtungen also Sanatorien Kurkliniken u. ä. im Kurort zu schaffen die sowohl kapazitativ als auch kaderqualitativ gesehen diese Kontinuität der Behandlung gewährleisten. Wir sprechen hier vom Prinzip des "Fachklinikkurortes das besagen soll daß im Kurort der physiotherapeutisch genügend intensiv geschulte fachklinische Arzt tätig sein muß der in der Lage ist einen fach- und sachgerechten Anschluß der Kurorttherapie an den klinischen Prozeß in der kürzest möglichen Frist herzustellen. In derartigen Einrichtungen kann dann das was wir "Komplextherapie" zu nennen pflegen tatsächlich in vollem Umfange betrieben werden. Gerade bei den heute üblichen z. T. recht diffizilen pharmakotherapeutischen Behandlungsmethoden mit mehr oder minder gut abschätzbaren Nebeneffekten der Therapie ist eine gediegene fachklinische und physiotherapeutische Kenntnis unerläßlich; denken wir beispielsweise an die Immunsuppressive die Kortisontherapie die Herzglykosidbehandlung. Vergessen sei dabei nicht daß zu einer derartigen Komplextherapie auch die Psychotherapie gehört von der allerdings im Kurort nur eine sehr begrenzte Auswahl von Verfahren in Frage kommt etwa das autogene Training und Methoden der Psychagogie. Das Studium der Interaktion zwischen medikamentöser und physiotherapeutischer Behandlung ist deshalb ein vorrangiges Anliegen der Forschung. Wir konnten in früheren Untersuchungen zeigen daß einerseits derartige Beeinflussungen des kurreaktiven Geschehens durch Medikamente möglich sind als auch umgekehrt die medikamentösen Wirkungen durch das kurreaktive Geschehen sowohl im Tempoeffekt als auch in der Quantität ihrer Effektivität meßbar und modifizierbar sind. Besonders kritisch wirken sich hierbei der Kurbeginn und die dritte Kurwoche aus wobei das Problem des Kurbeginnes hinsichtlich der laufenden Therapie also auch den einweisenden Arzt berührt und deswegen seine besondere Aufmerksamkeit verdient. Wir sind aus diesem Grunde ständig bemüht die Indikationsverzeichnisse als Arbeitsmaterial für den in der Praxis tätigen Arzt zu präzisieren und auch diesbezügliche anderweitige Aufklärungsarbeit zu leisten. Wir müssen ferner bedenken daß die Kurorttherapie wo erforderlich prinzipiell auch Menschen zugute kommen können muß die bestimmte körperliche Schadensgruppen repräsentieren und bei denen die Kurorttherapie nicht wegen dieses Körperschadens durchgeführt werden soll also etwa Kuren für Diabeteskranke für spastische Lähmungen querschnittsgelähmte Personen und Blinde. Es werden des weiteren Kurmöglichkeiten geschaffen werden müssen bei denen die Kurdurchführung der Rehabilitation der vorliegenden Grundschädigung dient also etwa Kuren für Zustände nach Hirnverletzungen nach Traumen und für schlaffe Lähmungen. Das bedeutet daß einmal die bestehenden Kureinrichtungen so profiliert werden müssen daß sie die besonderen Anforderungen an die medizinische Betreuung der erstgenannten Kranken erfüllen können und daß neue kurörtliche Möglichkeiten für bestimmte bisher nicht übliche (oder kaum übliche) Indikationen zu schaffen sind. Ein ähnliches Problem ist die Durchführung von Kuren für Kinder. Gemeint sind nicht Kinderkuren mit ihrer spezifischen pädiatrischen Indikation wie wir sie in verschiedenen Kureinrichtungen bei uns regelrecht durchführen sondern Kuren für Kranke im Kindesalter also rheuma- oder herzkranke Kinder etwa die natürlich ebenfalls besondere Ansprüche an die Betreuung und zudem noch an die Erziehung und Schulung stellen. Eine interessante Variante gibt es hierfür in der Sowjetunion in Form der sog. "Pionier-Sanatoriumslager" in denen Kinder verschiedenster Indikationen in profilierten Sanatorien Kuren bis zu einem Jahr unter permanenter erzieherischer und schulischer Betreuung durchführen können. Da wie ich anfangs schon kurz sagte ein genügend wirksames System der Prophylaxie noch nicht besteht fallen auch heute noch unseren Kurorten rein prophylaktische und rehabilitative Aufgaben zu und dies wird auch in nächster Zukunft so sein. Wir bleiben daher bestrebt die Kurorttherapie möglichst frühzeitig aber dabei auch aufwandsgerecht in den Heilplan einzubauen und müssen eben deshalb auch das Prinzip der Wiederholungskuren - im Sinne einer Stufenrehabilitation - beachten. Frühheilkur als Begriff bedeutet demnach die Kurorttherapie so früh als möglich im therapeutischen Sinne einzusetzen; dies ist eben nicht zu verwechseln mit etwa den Begriffen Präventivkur oder Kur im prämorbiden Stadium. Letztere beiden Begriffe gehören gedanklich zu dem Bereich der mit dem Wort Prophylaxie gekennzeichnet sein soll: wirklich rein vorbeugende Behandlungsverfahren bedürfen unserer Meinung nach keiner Kurortbehandlung in dem hier gebrauchten Sinn dies sollte mit dieser Konfrontation der Begriffe zum Ausdruck gebracht werden. Im Prinzip ist das sog. "Direkteinweisungsverfahren eine gute Möglichkeit die erwähnte Kontinuität der Krankenbehandlung zwischen Klinik und Ambulanz abzusichern wobei wir dem Kurort die Rolle einer "Intensivstation" zuschreiben in der die medizinische Rehabilitation des Kranken mit wirksamen Verfahren beschleunigt werden kann die in der Klinik selbst nicht oder kaum durchführbar sind. Ich erinnere an die Zustände nach Herzinfarkt oder nach Herzoperationen an die entzündlichen rheumatischen Gelenkerkrankungen denkbar wären hier auch Behandlungen nach schweren Operationen oder langwierigen Krankheiten die wochenlange Bettruhe erforderlich machten. Aber auch hier zwingt uns die vorhandene Kapazität zu begrenzter Praxis und zur kritischen Auswahl. Voll wirksam wird auch dieses Prinzip allerdings nur wenn nach der Kurdurchführung eine entsprechende richtige Behandlung die der durch die Kurorttherapie veränderten aktiven und reaktiven Situation des Kranken Rechnung trägt garantiert ist - nur dann könnte man von einer vollen Integration der Kurorttherapie in das System der gesundheitlichen Betreuung sprechen. Wenn man die in den genannten vier Schlagworten "Fachkliniks- Ganzjahres- komplextherapeutischer und Trainingskurort" zusammengefaßten Aufgabenstellungen der gegenwärtigen und zukünftigen Kurorttherapie voll durchdenkt so ergibt sich wohl nachträglich die Bestätigung für die etwas pessimistisch klingende Formulierung mit der ich meine Ausführungen einleitete; denn das ist klar es gibt derzeit nur wenig Kureinrichtungen die die genannten Forderungen heute und auch in nächster Zukunft erfüllen. Gute Fortschritte sind in Einzelbereichen durchaus zu verzeichnen so z.B. in der Komplettierung der Sport- und Spieltherapie der Arbeitstherapie der Gruppentherapie. Einer besonderen intensiven Förderung in allen Kureinrichtungen verdient jedoch die Klimatherapie deren Möglichkeiten aus einer konsequenten Nutzung der örtlichen bioklimatischen Gegebenheiten und Bedingungen ebenso wertvoll wie derzeit ungenügend sind. Eine Klimatherapie erfordert durchaus nicht immer und ausschließlich das Versetzen des Kranken in ein völlig anderes großklimatisches Milieu (See Hochgebirge) sondern sie kann auch mit verhältnismäßig geringeren derartigen Unterschiedlichkeiten erfolgreich sein. Durch geschickte Ausnutzung lokaler Möglichkeiten lassen sich überall bioklimatische Reize wirksam machen - Abkühlung Windexposition Heliotherapie Allergenarmut und Luftreinheit seien beispielsweise genannt - die insgesamt zur Typik und Intensität der Reizserie"" beitragen können. Die meßmethodischen Voraussetzungen für unsere Kureinrichtungen sind geschaffen worden - es bedarf jetzt der organisatorischen Initiative sie in therapeutische Effektivität umzumünzen. Sowohl ökonomische als auch Überlegungen zur Arbeitskräftesituation müssen zu dem Schluß führen dem Problem der Rationalisierung der Kurorttherapie zukünftig eine erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen. So müssen Methoden der Gruppentherapie gegenüber der Einzelbehandlung bevorzugt werden wo immer das aus ärztlicher Sicht gerechtfertigt erscheint ebenso muß versucht werden nach Möglichkeiten des "Selbstbedienungsregimes zu suchen die nicht nur genügend gegen Mißbrauch und Unfallgefahr abgesichert sondern auch mit einem System der Eigenkontrollierbarkeit des Behandlungserfolges gekoppelt sein müssen. Diese Eigen- und Partnerkontrolle hat zudem ja auch einen nicht zu unterschätzenden psychologischen Wert. Derartige Programme müssen eine gewisse Abstufung und Variabilität aufweisen. Erste Ansätze dazu sind vorhanden; z.B. dürfen die für alle unsere Kureinrichtungen verbindlichen diagnostisch-therapeutischen Rahmennormative unter diesem Blickwinkel erwähnt werden die jedoch in der angegebenen Richtung noch durchaus erweiterungsfähig und präzisierbar sind.

Keyword(s): Kurorttherapie Kinderkuren Frühheilkur Kurwesen Bäderwesen Klimatherapie


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