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April 2024

Zur Frage der Khellinwirkung auf den Blutzucker

Journal/Book: Z. f. Med. Klinik u. Praxis 56 (1961) Nr.3. 1961;

Abstract: Institut für Kur- und Bäderwesen und für physikalische Therapie Bad Elster (Direktor: a.o. Doz. Dr. med. habil. H. Jordan) Im Jahre 1956 ist von Lemmerz [19] und v. Blumenröder [2] auf eine blutzuckersenkende Wirkung intravenöser Khellingaben aufmerksam gemacht worden deren Eintritt eine vorteilhafte Verwendung dieses Präparates beim Altersdiabetes und dessen bekannter Sklerosegefährdung der Koronargefäße nahelegt. Der Verwendung blutzuckerwirksamer Medikamente gerade bei vorliegender Koronarsklerose steht jedoch die klinische Erfahrung entgegen daß der pektanginöse Anfall oder ein Myokardinfarkt als Folge einer akuten Hypoglykämie angesehen werden kann. Die Spontanhypoglykämie führt häufig zum pektanginösen Syndrom (4 8 18 23 24) und die Blutzuckersenkung wird als auslösende Ursache für schwere Herzinsuffizienz (6) und für den Eintritt eines Myokardinfarktes (5 7 9 25) bewertet. Daß gerade der alternde Mensch besonders hypoglykämieempfindlich ist hat die geriatrische Diabetesforschung erweisen können (20). Von der Physiologie des Myokardstoffwechsels und seiner Beziehung zur Clukoseverwertung her (1 3) sind solche Zusammenhänge auch durchaus plausibel zu deklarieren - wenn auch die klinische Bestätigung der fraglichen Kausalitäten naturgemäß zögernder ausfallen wird (11) als die pathophysiologische Deutungsmöglichkeit es erwarten ließe. Es erschien deshalb angebracht die Wirkung handelsüblichen Khellins auf den Blutzuckerspiegel im akuten Versuch zu prüfen. Methodik: Nach Bestimmung des Nüchternblutzuckerwertes wurde die zu prüfende Substanz appliziert und der Blutzucker (BZ) im Abstand von 30 Min. bis zu 31/2 Stunden p. inj. bestimmt. 1. Serie: 40 gesunde Männer zwischen 34 und 56 Jahren mit 1 Ampulle Khelfren intravenös (50 mg wasserlösliches Khellin der Firma HEFA Werne/Lippe).1 2. Serie: 38 gesunde Männer zwischen 32 und 53 Jahren mit 1 Ampulle Farctil intravenös (4 mg Khellin in 24 mg Dihydroxypropyltheophyllin mit 9 mg ß-diaethylaminobuttersäureanilid-HCl und 400 mg Laevulose) der Firma Geistlich. Wolhusen/Schweiz1. 3. Serie: 36 gesunde Männer zwischen 33 und 57 Jahren mit 2 ml 0 9% NaCL-Lösung als Nullserie und 4. Serie: 32 gesunde Männer zwischen 36 und 58 Jahren mit 0 5 mg Neoserin intramuskulär der Firma ISIS Chemie Zwickau/Sa.1. Es erfolgte jeweils eine varianzstatistische Bearbeitung sowie die Prüfung der Streuungsquadrate und der Mittelwertdifferenzen nach der t-Test-Methode. Ergebnisse: Die Abbildung (Ohne Abb.) demonstriert den Verlauf der Mittelwertkurven der 4 Versuchsserien. Sie läßt erkennen daß 1. die Nullserie den tiefsten Wert des BZ-Verlaufes ergibt und daß die Neoeserinkurve ganz entgegengesetzt davon zieht 2. Khelfen und Farctil mit kleiner Abstufung in der Mitte liegen wobei letzteres den weniger starken BZ Abfall aufweist und als einziges der gewählten Pharmaka einen initialen Anstieg des BZ erkennen läßt der allerdings die Signifikanzgrenze nicht erreicht. Die statistische Überprüfung ergibt folgendes: 1. In jeder Serie ließ sich bei der Streuungszerlegung eine Signifikanz des Versuches gegen die Restvarianz erreichen. 2. Die Unterschiede der Neoeserin- und NaCl-Kurve bei Versuchsstation VII (180 min p. inj.) sind statistisch gesichert (t = 4 4; p < 0 001). 3. Die signifikanten Differenzen zur Beurteilung statistisch echter Unterschiede zeigt die Abbildung. Besprechung der Ergebnisse: Die NaCl-Kurve demonstriert daß im Verlauf der 3 1/2 Stunden des Versuches der Nüchternblutzucker weiter konsequent und signifikant absinkt. Dieses Ergebnis überrascht nicht ist aber im Gegenteil der Beweis daß die Vornahme der Injektion selbst etwa keine BZ-Erhöhung erzeugt. Die Einkalkulation des "Fastens" ist jüngst Anlaß einer Diskussion zwischen Unger und Haller und Strauzenberg [22] gewesen wobei aber die fragliche BZ senkende Substanz - Nikotinsäureamid - die Leerversuchswerte noch unterschritt. Die Änderung des Versuchsverlaufs durch Khelfren und Farctil ist sicher kein Erfolg des Khellins selbst da - unbeschadet der noch nicht einmal nachweisbaren statistischen Sicherheit Khelfren mit 50 mg Khellin der Nullserie noch näherliegt als die Farctilkurve mit 4 mg Khellin. Keinesfalls läßt sich aber ein BZ-senkender Effekt dieser beiden Substanzen nachweisen. Der initiale sowie der zwischen 90 und 120min auftretende Anstieg der Farctilkurve mag noch zu der Überlegung verleiten ob der im Farctil enthaltenen Dosis Laevulose (400 mg) ein Einfluß auf den Verlauf der BZ-Kurve zukomme. Das kann nicht entschieden werden. Der Vergleich mit Neoeserin war zusätzlich aufgenommen worden da eigene Versuche sowohl mit Khelfren [16 17] als auch mit Farctil [18] gezeigt hatten. daß diesen beiden Präparaten im akuten Versuch am Kreislauf eine Umschaltwirkung zukommt die als histiotroper Effekt gedeutet und dem Neoeserin zur Seite gestellt werden kann [12] und weil andererseits auch vom Neoeserin eine blutzuckersenkende Wirkung beschrieben wurde [13 21]. Sowohl bei Neoeserin [21] als auch bei Khelfren [2 19] sind allerdings nur Verbesserungen der Kohlenhydrattoleranz und Erniedrigung des BZ-Tagesprofiles angegeben worden; direkte BZ-Untersuchungen liegen meines Wissens noch nicht vor. Es ist nun ein sehr überraschender Befund daß Neoeserin (mit statistischer Signifikanz !) die "normale" Hypoglykämie im Sinne des Versuches abbremst. Zu einer sicheren Deutung hierfür konnten wir uns nicht entschließen da frühere eigene Versuche gezeigt hatten daß Neoeserin zusammen mit Glukose verabreicht den der Glukosegabe folgenden BZ-anstieg signifikant zu behindern vermag - dies beim Gesunden wie beim leichten Diabetiker. Möglich erscheint es daß Neoeserin wirklich einen akuten BZ-senkenden Effekt besitzt als hormonaler Agitator aber auch stärkere gegenregulative Effekte am BZ hervorrufen kann die vom Ausgangswert diktiert sind [13]. So läßt Neoeserin bei Probanden mit ausgesprochen tiefen BZ-Ausgangswerten eine signifikante Beeinflussung der BZ-Situation vermissen [13] ! Hervorzuheben wäre noch daß sich keinerlei wesentliche Änderungen der Streuungen der Meßwerte ergaben wenn die Streuungsquadrate der Kolumnen (d. h. der einzelnen Versuchsabschnitte) überprüft wurden. Auf die Bedeutung dieser Streuungsprüfung zur Beurteilung der ausgelösten Änderung bestimmter Meßwerte habe ich mehrfach hingewiesen [13 14 15]. Wir möchten annehmen daß wie Lemmertz vermutet [19] der von ihm beobachtete antidiabetische Effekt von Khelfren über indirekte Mechanismen zustandekommt. Bei der engen Korrelation von BZ-pegel zur arteriovenösen Glukosedifferenz [1] braucht aber daher wohl ein ungünstiger Effekt des Khellins auf den Glukosevorrat des Herzens nicht befürchtet zu werden. Bezüglich des Laevulosezustandes im Farctil ist zu bemerken daß die Fruktose besonders günstig und insulinunabhängig bei dem "physiologischen Insulinmangelzustand des höheren Lebensalters" Verwendung finden kann [20]. Folgerungen: 1. Weder Khelfren noch Farctil erweisen im akuten Versuch einen blutzuckersenkenden Effekt. Ein solcher wird wie die Kontrollserie zeigt durch eine physiologische BZ-bewegung nur vorgetäuscht. 2. Es kann vermutet werden daß der Laevulosezusatz des Präparates Farctil einen hemmenden Einfluß auf diese BZ-Bewegung entfaltet. 3. Unterschiedliche khellinspezifische Effekte konnten bei Dosisunterschieden von 1:12 5 nicht festgestellt werden. 4. Neoeserin hemmt offenbar den physiologischen durch längeres Nüchternsein bedingten BZ-abfall über noch nicht sicher definierbare Mechanismen. Literatur 1. Bing R. J.: Harvey Lect. Serv. 50 (1954/55). 2. v. Blumröder W. O.: Fortschr. Med. 74 130 (196). 3. Fleckenstein A.: Wien. Z. Inn. Med. 39 69 (1958). 4. Gassmann W. und I. Schneeweiß: Ärztl. Wschr. 11 734 (1956). 5. Gillmann H. u. B. Sachsse: Dtsch. med. Wschr. 84 2070 (1959). 6. Grafe E.: Nauh. Fortb. Lehrg. Bd. 7 p. 76 (thieme Leipzig 1931). 7. Hagen H. und H. und Scheffler: Ther. Gegenw. 96 134 (1957). 8. Halonen P. J. und E. Taipale: Cardiologia (Basel) 20 243 (1952). 9. Hauss W. H.: Angina pectoris (Stuttgart 1945). 10. Hauss W. H.: Nauh. Fortb. Lehrg. Bd. 19 p. 59 (Steinkopff Darmstadt 1954). 11. Hochrein M.: Herzkrankheiten II. Band 1943 Theod. Steinkopff Dresden-Leipzig. 12. Jordan H.: Dtsch. Gesundh. Wes. 1955 914. 13. Jordan H.: Dtsch. Z. Verdau.- u. Stiffwechselkr. 18 183 und 267 (1958). 14. Jordan H.: V. Biomet. Coll. Bad Nauheim 158. 15. Jordan H.: V. Fortb.-Lehrg. biol. Statistik d. Akad. f. Sozialhygiene Berlin 1957. 16. Jordan H.: Arzneimittel-Forsch. 7 82 (1957). 17. Jordan H.: Arzneimittel-Forsch. 8 141 (1958). 18. Jordan H.: Ars. Medici 49 700 (1959). 19. Lemmertz A. H.: Ther. Gegenw. 95 Heft 3 (1956). 20. Seige K. u. V. Thierbach: Münchn. med. Wschr. 100 2029 (1958). 21. Thiele H. und H. Kuch: Münchn. med. Wschr. 1957 1214. 22. Unger H.: Z. ges. Inn. Med. 14 924 (1959). 23. Unverricht: Dtsch. med. Wschr. 1941 1361. 24. Weinstein und Mattikow: Ann. Int. Med. 12 1886 (1939). 25. Zimmermann-Meinzingen O. E. Wustinger und K. Hofbauer: Wien. med. Wschr. 104 1007 (1954). 1Für die Überlassung der notwendigen Versuchsmengen sei den betreffenden Firmen auch an dieser Stelle verbindlichst gedankt.

Keyword(s): Herz medikamentöse Therapie Blutzucker


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